Mit Franchising-Ligen startet die E-Sport-Szene in Valorant im dritten Jahr in eine neue Ära. Die Bewerber aus der deutschsprachigen Region gingen dabei allerdings leer aus - für drei deutsche Teams ist die Zeit in der höchsten Spielklasse somit vorerst Geschichte.
Auch die österreichische Organisation Acend bekam von Entwickler Riot Games keinen Zuschlag. Im Bewerbungsprozess habe es man immerhin bis in die letzte Auswahlrunde geschafft, sagt Acend-CEO Benjamin Rolle. Ein Erfolg für die Newcomer-Organisation, die sich nichtmal ein Jahr nach der Gründung 2021 zum ersten Weltmeister krönte, meint er.
Acend-CEO: «Zeichen, dass wir gute Arbeit machen»
«Das war schon ein Zeichen für uns, dass wir gute Arbeit machen», sagt Rolle im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Wir haben eine gute Reputation, aber ich kann verstehen, dass die Organisation, die schon acht Jahre auf dem Markt ist, einen kleinen Vorteil hat.»
In einer Franchising-Liga sind die Plätze für die Teams fest vergeben. Für einen Startplatz zahlen Organisationen in der Regel einen hohen Geldbetrag - dies sei bei den internationalen Valorant-Ligen allerdings nicht der Fall gewesen, sagt Rolle. Bedingung war hier ein ausgiebiger Auswahlprozess, in dem etwa Strukturen und Motivationen geprüft werden.
Auch ist das System in Valorant nicht komplett geschlossen. Am Ende des Jahres gibt es ein «Ascension» genanntes Turnier, in dem Teams aus den Regionalligen in die höchste Spielklasse aufsteigen können.
Riot Games: Verbindung mit Fans großer Faktor
Whalen Rozelle, COO für E-Sport bei Riot Games, sei bei der Auswahl vor allem wichtig gewesen, ob die Teams eine Verbindung mit der großen Fangemeinde im EMEA-Raum (Europa, Nahost, Afrika) aufbauen können. «In der Geschichte jeden Sports sieht man, dass Fans sich vor allem in Teams und Spieler verlieben», sagt er im dpa-Interview. «Sie werden das auch über die Liga sagen - aber nur wegen der Teams und Spieler, die sie anfeuern.»
Auch deshalb habe sich Acends Bewerbung auf den Status als Team aus dem deutschsprachigen Raum fokussiert. «Uns war natürlich auch klar, dass gerade im Sport sehr viel Fankultur und sehr viele Zuschauer durch diese lokalen Rivalitäten aufgebaut werden», sagt Rolle.
Dass Riot am Ende aber weder Acend, noch einer anderen Organisation aus der Region einen Franchising-Platz zuwies, habe ihn überrascht. «Das wäre zumindest ein Zeichen gewesen: Hey, wir bauen auf die DACH-Region», sagt Rolle.
Valorant-Franchising: Acend überrascht, BIG unzufrieden
Deutlich unzufriedener zeigte sich das Berliner Team BIG. Chief Gaming Officer Christian Lenz stellte die Entscheidung gegen seine Organisation in Frage. «Wir hätten ein Team gehabt, wo uns mindestens drei oder vier Spieler aus Deutschland vertreten hätten», sagt Lenz in einer Fragerunde Ende Dezember auf seinem Twitch-Kanal.
«Wir machen eine saubere Arbeit, sind nicht verschuldet gewesen, so wie andere Organisationen. Das ist mir echt böse aufgestoßen», sagt Lenz. BIG werde für «lange Zeit» kein Valorant-Team mehr stellen.
Rozelle führt die Entscheidung gegen ein Team aus dem DACH-Raum auch auf die guten Englischkenntnisse in der Region zurück. In anderen E-Sport-Spielen unterstütze Riot verstärkt Teams, die sich eher auf die gesamteuropäische Community, statt nur auf Deutschland fokussieren. «Wir haben das Gefühl, dass wir genug Teams dabei haben, die eine Verbindung mit deutschen Fans knüpfen können», sagt Rozelle.
Auch G2 ging leer aus
Ebenfalls ein Aspekt, den Rozelle extra betont, ist das Führungspersonal der Organisationen. «Zusätzlich haben wir uns das Kaliber der Führung und der Eigentümerschaft der Gruppe, des General Managements angesehen. Gibt es gutes Personal?», sagt er.
Berichten zufolge waren Fehler in der Führungsriege auch der Grund, warum G2 Esports im amerikanischen Franchising-Prozess leer ausging. Der damalige CEO und Gründer der in Berlin ansässigen Organisation, Carlos «ocelote» Rodriguez, hatte einen Skandal ausgelöst, weil er sich an die Seite des frauenverachtenden Influencers Andrew Tate stellte. Etwa zeitgleich wurde über die Partnerteams entschieden. Medienberichte stellten damals einen Zusammenhang her.
Rodriguez ist danach als CEO zurückgetreten. G2 startet nun in der nordamerikanischen Regionalliga.
Auch deutschsprachige Valorant-Liga ohne Acend
Nicht ausgewählte Teams müssen nun in den Regionalligen von unten anfangen. In der deutschsprachigen Szene sei das schwierig, meint Rolle. «Wir wollen uns im DACH-Markt weiter etablieren, aber es ist einfach im Vergleich zu anderen Ländern viel schwieriger», sagt er.
Trotz der Verbindung zur DACH-Szene wird Acend dort vorerst nicht mehr zu sehen sein. Die Organisation tritt nun in der osteuropäischen Liga an. Rolle erhofft sich dort eine größere Auswahl an Spielern.
«Die Turnierorganisation ist einfach nicht so professionell wie in anderen Ländern», sagt er. «In Deutschland darfst du aus drei Ländern wählen. In osteuropäischen Ligen darfst du aus mehr als 20 Ländern bis hin zu Israel deine Talente wählen.»
Am Ende zählt vor allem die Qualifikation zum Ascension-Turnier zum Saisonende, in dem Teams sich einen Platz in der ansonsten geschlossenen EMEA-Liga erspielen können. Bislang läuft das nach Plan: In Osteuropa ist Acend derzeit Tabellenführer.